Freitag, 28. September 2007

Broken thoughts

"Es liegt ein Grauschleier über der Stadt,
den meine Mutter noch nicht weggewaschen hat."
(Fehlfarben)

19.50 Uhr: Scheint so, als wäre ich nun vollständig in der Chemo angekommen. Das bedeutet, dass ich nicht nur Chemo kriege, sondern mich auch nach Chemo fühle. Damit meine ich keine Übelkeit, von der bin ich bislang verschont geblieben. Es ist bloß so, dass nun auch meine Emotionen durchseucht sind von diesem Gift. Gesunden Menschen dies zu beschreiben ist nicht leicht. Man könnte es als eine feindliche Übernahme der eigenen Seele bezeichnen, auch wenn das verschwurbelt klingt. Ich gehöre mir einfach nicht mehr so selbst, wie ich es gerne hätte. Dies ist ein Aspekt, der in der Chemotherapie so fundamental wie unterschätzt ist und der außerdem einmal mehr zeigt, wie unsinnig die Trennung von Physis und Psyche eigentlich ist. Verstärkend kommt noch die Erfahrung hinzu, an einen so riesigen Betrieb wie diese Klinik gekettet zu sein. Das eigene Ich scheint sich in diesem System aufzulösen.

Außerdem wird mir jetzt auch klar, welches Risiko ich hiermit, mit diesem Blog eingehe. Wie hardcore das ganze ist. Ich hätte schon gerne meine Selbstdarstellung, die natürlich auch etwas mit Inszenierung zu tun hat, vollständig in meiner eigenen Hand. Das kann ich jetzt nicht mehr garantieren. Ich merke, wie dünn die Grenze zu einem verbalen Amoklauf ist. Und doch schreibe ich weiter. Es wird sicher von euch unterschätzt, wie wichtig und lebenserhaltend dies hier für mich ist.

Ich möchte dann auch mit einer positiven Neuigkeit schließen: mein neuer Nachbar ist wirklich sehr nett. Ein Intellektueller. Eine Wohltat für mein Hirn. Stoßen wir also auf ihn an! Für mich aber bitte etwas Alkoholfreies.

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