Montag, 24. Dezember 2007

To save me from tears

Peter kann an Weihnachten nicht klagen
und zieht Veronika zu sich heran.
Er will sie heut', an Weihnachten, nicht schlagen.
Sie sehen sich ein Wrestling-Video an.

Der Herrgott macht sich fein, mit viel Pomade.
Jesus ärgert seinen alten Herrn.
Buddha wünscht sich heimlich Schokolade.
Mohammed mag Glühwein viel zu gern.

Und mir, mir ist ganz wunderlich zumute,
von Lebkuchen und 'Wham!' völlig verklebt.
Euch da draußen alles, alles Gute!
Frohes Fest! Auf dass ihr's überlebt.

Sonntag, 23. Dezember 2007

Put the lights on the tree

Man stelle sich vor, man wäre so eine Art Auslandskorrespondent. Man habe die Aufgabe, regelmäßig über aktuelle Entwicklungen aus... sagen wir mal... Island zu berichten. Und dann: passiert einfach nichts, absolut nichts, über Wochen und Monate hinweg! Ziemlich doof stünde man dann da. Sicher, das Beispiel ist ziemlich herbeikonstruiert. Schließlich weiß ja jeder, dass in Island der Bär steppt. Leider ist mir nur kein besseres Bild eingefallen, um zu verdeutlichen, wie es mir gerade ergeht. Es ist nichts los im Staate Hodenkrebs.

Ich sollte mich nun freuen und mein Blog mit Vergnügen veröden lassen. Nur leider ist es ja nun auch nicht so, dass ich bereits alles hinter mir hätte. Ich hänge bloß in der Luft, kann nichts neues beginnen und muss einfach abwarten, bis es dann im nächsten Jahr mal weitergeht. Die freie Zeit, über die ich mich zunächst so gefreut hatte, kann ich nicht genießen, weil ich im Grunde doch gar keine freie Zeit haben möchte. Erfüllte Zeit möchte ich haben, randvoll mit guten, normalen Dingen. Jetzt, bei diesem erzwungenen Herumgehänge merke ich nur umso deutlicher, wie sehr es mich aus der Welt katapultiert hat. Ich stehe am Rand, könnte man sagen. Oder besser: ich schwebe in einem anderen Universum.

Womit ich den Leser auch schon wieder herauskatapultieren möchte aus diesen düsteren Gedankengängen. Es ist schließlich bald Weihnachten. Dies ist auch der Grund, warum ich diesen Eintrag nicht wie üblich aus dem Chaosgebirge meiner Wohnung in die Welt sende. Nein, seit heute bin ich bei meinen Eltern, wo sogar die Luft schön eingerichtet ist, mit angenehmen Düften. Die Luft zu Hause ist da eher ziemlich verwüstet.

Wüst ist auch mein Hirn dieser Tage. Wüst und leer, wie die Welt, bevor Gott sie bevölkerte. Vielleicht denkt ja der ein oder andere mal an den alten Herrn dieser Tage. Ich hingegen werde zu vollgestopft mit Atheismus und allerlei Fettigem sein. Bis bald dann!

Schnell macht sich der Protagonist aus dem Staub, um sich hinter dem nächsten Gebüsch für diesen Eintrag zu schämen. Er überlegt kurz, dann rennt er noch einmal zum PC zurück und tippt ein:

P.S. Morgen gibt's als kleines Geschenk für die treuen Leser ein Weihnachtsgedicht von mir.

Und wieder macht er sich aus dem Staub...

Dieser gefallsüchtige Schleimer...

Montag, 17. Dezember 2007

Ideenknallfrosch

Aaaaaaaaaaaaaaaaaaahhhhhhhhhhhhhhhhhhhhh. Sorry, dass ich hier so herumbrülle, aber ich bin ja so wahnsinnig aufgedreht... Das kommt eben davon, wenn man den ganzen Tag nur Energydrinks säuft und die daraus gewonnene Energy nicht mit Activities, äh, Aktivitäten abbaut. Nee, nee, aktiv war ich wirklich nicht. Nur auf der Couch herumgehangen habe ich. Filme geglotzt und nichts weiter. Könnte mein Ich von vor ein paar Wochen, das im Krankenhaus darbt und so gerne über grüne Wiesen tollte, mich jetzt sehen... es würde mich sicher durch die unaufgeräumte Wohnung prügeln, wäre es nicht viel zu schwach für soetwas.

Leider könnte ich dann auch nicht zu meiner Verteidigung anbringen, dass ich ja immerhin fleißig mein Blog führe. Auch hier kann ich nicht produktiver tätig sein, wo ich doch nichts erlebe dieser Tage. Wie die Überschrift schon verhieß: das erhoffte Ideenfeuerwerk bleibt aus.

Vielleicht jedoch wird das ab morgen alles anders... Vielleicht ist morgen der Beginn eines rastlosen Abenteurerlebens... Und ich fange damit an, indem ich...

...ohne Winterjacke vor die Türe gehe!

Freitag, 14. Dezember 2007

Ta-Dah!

Hey, wow, hier bin ich ja schon wieder! Wie gehe ich denn ab, plötzlich?!

Also, es ist nämlich so: ich komme gerade aus dem Badezimmer, das ja ein wahnsinnig toller Ort zum Grübeln und Sinnieren ist. Und eben bei jenen Tätigkeiten fiel mir doch siedend heiß ein, dass ich bei meinem letzten Eintrag ein Paar (sic!) Informationen schuldig geblieben bin. Nämlich: 1. wo bin ich eigentlich gerade? und 2. wann werden eigentlich diese ominösen Operationen getätigt?

Da können nur knallharte Fakten, Fakten, Fakten Abhilfe schaffen. Also: ich bin gerade zu Hause. Falls mich also jemande besuchen möchte: ich wohne in dem gelben Haus in der Nähe von dem einen Kaisers-Supermarkt.

Zweitens: ich muss erst am 9. Januar wieder ins Krankenhaus. Bis darf ich leben wie! es! normale! Menschen! tun! Mich vollstopfen (--> Weihnachten)! Abstürzen (-->Silvester)! Nehmt eine Pinsel und... na ja, ich wisst ja...

So, das soll es dann auch gewesen sein für heute. Ich bin nämlich fürchterlich müde und würde es doch gerne verhindern, dass ich über der Tastatur einpennjsklddkvnm, f bjnfknvvvvvvdbbbxyvlkö.-n,vn,mxnvyhd<.cm, xcmbvx.bncvmn,vmc,n mncjkshdsha

Montag, 10. Dezember 2007

Ich - wie es wirklich war

"So, hier bin ich wieder..." - Mit diesem unverfänglichen Satz würde ich gerne wieder ins Bloggen einsteigen, nachdem ich einige Zeit nichts geschrieben habe. Schließlich fühlte sich diese Zeit für mich wahnsinnig kurz an; nach kaum mehr als einem kurzen Blinzeln. Leider weiß ich aber auch, dass es eine gefühlte Ewigkeit gewesen sein muss für diejenigen, die mich hier schon einige Zeit begleiten und sich sicher um mich gesorgt haben. Diesen lieben Menschen will ich sagen, dass es mir leid tut. Ab jetzt schreibe ich wieder regelmäßig. Sonst möge mir der Himmel auf den Kopf fallen.

Nun gut, wir ihr sicher schon festgestellt habt, bin ich noch am Leben. Auch wenn dieses Leben in der letzten Zeit zu einem großen Teil kein schönes gewesen ist. Leider hat die Chemo, die verdammte, strapaziöse Chemo, nicht richtig angeschlagen. Zwar sind alle Metastasen bis auf eine, zum Stillstand gekommen. Verkleinert hat sich jedoch nichts. Genau das hat man allerdings erwartet. Erhofft. Diese Hoffnung ist zerplatzt.

Nun hat man für mich entschieden, dass die ganze Sache operativ gekärt werden soll. Und hier nimmt mein bis jetzt so deprimierender Comeback-Eintrag eine Wendung zum besseren. Vor ein paar Tagen nämlich bin ich in einer Spezialklinik in Wiesbaden gewesen, um die erste der zwei geplanten Operationen zu besprechen. Es geht darum, Metastasen aus der Lunge zu entfernen. Und die beiden Ärzte, mit denen ich mich dort unterhielt, stellten das ganze so dar, als ob die Operation, mal ganz salopp ausgedrückt, "ein Klacks" werden wird. Man habe schon viel schwieriger Fälle auf dem OP-Tisch gehabt.

Seitdem bin ich verhalten froh, aber auch verwirrt. Ich frage mich, warum man mich so lange gequält hat. Warum ich nicht sofort operiert wurde. Ich schwanke zwischen zweierlei Zweifel. Erstens frage ich mich, ob die Ärzte bisher immer die richtigen Entscheidungen für mich getroffen haben. Zweitens kann ich nicht recht glauben, dass dieses tonnenschwere Problem, das ich schon so lange mit mir herumschleppe, wirklich so verhältnismäßig leicht gelöst werden kann. Sicher ist jedenfalls, dass ich erst richtig aufatmen werde, wenn man diese Scheiße vollständig entfernt hat aus meinem Körper.

Montag, 26. November 2007

Thriller

Ach ja, was ich noch sagen wollte: seit Samstag halte ich mich wieder zu Hause auf. Ja, mein böses Blut hat mitgespielt. Man ließ mich gehen.

Nun lasse ich mich gehen und nehme so viel Kalorienreiches auf, wie es mein Magen verkraftet. Ich habe übel abgenommen und brauche doch noch ein gewisses Polster, um den letzten Zyklus zu überstehen.

Falls ich denn den nächsten Zyklus werde durchlaufen können. Ich würde mich ungeheuer freuen darüber. Ja, tatsächlich. Jeden Tropfen Gift hieße ich herzlich willkommen in meiner Blutbahn. Jeder ausgekotzten Mahlzeit winkte ich freundlich hinterher. Denn...

Es wird tatsächlich bald schon spannend. Morgen werde ich zur Uniklinik fahren, um dort ein CT machen zu lassen. Man will sehen, ob sie etwas gebracht haben, die Strapazen. Und nur dann wird man weitermachen, wie bisher. Am Mittwoch oder am Donnerstag wird man mir die Ergebnisse mitteilen. Ich werde sterben vor Todesangst. Dies täte ich jetzt schon, wäre meine Psyche nicht so ein mächtiger Verdrängungsapparat.

An Erholung ist natürlich trotzdem nicht zu denken. Alles ist nun überschattet. Die Seele ist eine dumme Pottsau, wie Max Goldt ganz richtig schrieb.

Donnerstag, 22. November 2007

Bones

Gestern schmerzten mir die Knochen und taten dies bis in die Nacht. Aus zweierlei Gründen empfand ich dies als halb so schlimm. Erstens hätte mein kotzender Nachbar mich ohnehin vom Schlafen abgehalten. Denn er kotzte viel und er kotze oft und füllte so bis vier Uhr morgens Nierenschale um Nierenschale. Nierenschalen! Warum tat er das? Er hätte es sicherlich bis zur Toilette schaffen können! Jedenfalls habe ich mir dann, hellwach wie ich war, folgenden Sinnspruch für Krebspatienten ausgedacht:

Willst du all die Höllenqualen
würdevoller überstehen,
kotzt du nicht in Nierenschalen,
musst du zur Toilette gehen.

Wer mag, darf mir diesen Spruch in ein Tuch sticken. Aber es ging ja um meine Knochen... Also, der zweite Grund, warum ich mich nicht grämte ob der Pein, war der Gedanke, das dieser nicht umsonst war. Bedeutete er doch, dass mein fleißiges Knochenmark schuftete, um viele weiße Blutkörperchen zu produzieren. Et voilà: man mir heute Mittag sagte, bin ich aus dem Zelltief. Da hatte ich (es) im Geiste fast schon gepackt.

Nur dann erfuhr ich, dass meine Thrombozyten blöde Verräterschweine sind. Niedrige Kreaturen. Gut, vielleicht keine Kreaturen. Aber niedrig auf jeden Fall. Zu niedrig, als dass man mich hier herausließe. Das muss sich schnell ändern. Schnell! Das ist keine Bitte, sondern ein Befehl.

Thrombozyten... pff... Allein der Name schon...

Mittwoch, 21. November 2007

Colours

Nehmt einen Pinsel und malt mich an - glücksschweinrosa! Meine Blutwerte steigen! Dies bedeutet, dass ich es bald schon wieder einmal überstanden habe und in die Freiheit eintlassen werde. Wieder nur für ein paar Tage, aber dafür für ein paar Tage gebündelten Glücks.

Auf der anderen Seite, bedeutet dies auch, dass dann der letzte Zyklus ansteht. Und somit auch die gefürchtete Antwort auf die größte Frage von allen näherrückt: Was hat das alles gebracht?

Nehmt einen Pinsel, Leute, und malt mich an.... Welche Farbe hat die Angst?

Dienstag, 20. November 2007

Desillusion Galore

Oh Mann, die heutige "Dr. House"-Folge war ja gar nicht mal so gut... Verdammt...

"Dr. House" schwächelt und ich bin nicht unwiderstehlich. Ich weiß nicht, woran ich noch glauben soll.

Sonntag, 18. November 2007

You can't always get what you want

Gerade musste ich auf die harte Tour lernen, dass ich nicht unwiderstehlich bin. Eine erschütternde Erfahrung. Jetzt hocke ich also vor den Trümmern meines Selbstbildes und denke: "War 'n schönes Selbstbild. Schade eigentlich."

Ob sich da noch etwas kleben lässt? Vielleicht mit etwas Hilfe. Weiblich Interessenten melden sich bitte ... jetzt. :-)

Samstag, 17. November 2007

High Fidelity

Gerade bin ich im Netz auf das Musikmagazin "Finger" gestoßen, dass vorrangig aus Fragebögen zu bestehen scheint, die man mehr oder weniger bekannten Musikern zur Beantwortung vorgelegt hat. Mir Musik-Nerd wird es nun große Freude machen, mich auch einem dieser Bögen zu widmen.

erste Platte, an die du dich erinnerst
"I Just Called To Say I Love You"
von Stevie Wonder. Mein Vater
sprach immer gerne darüber, wie
ich diesen Song damals meiner
Oma aus Amerika lautmalerisch
am Telefon vorgesungen habe.

ein Song, der dich an deine
Schulzeit erinnert
"Bullet With Butterfly Wings" und
noch einiges mehr von den
Smashing Pumpkins. Ich war ein
sehr wütender, trauriger Teenager.
Billy Corgan hat mich verstanden.

eine Platte, zu der du dich
verliebt
hast
"Iris" von den Goo Goo Dolls.
Sie war 15, ich ein Jahr älter und
wie im Rausch. Leider auch ein
tapsiger Vollidiot, weswegen die
Sache dann auch sehr schnell
erledigt war. Heute steht sie
auf Frauen. Ich schätze aber
mal, dass nicht ich, sondern
die Gene dafür verantwortlich
sind.

dein absoluter
Herzensbrecher-Song
"There's A Light That Never Goes
Out" von den Smiths.
Schmerzhafter und schöner geht
es nun wirklich nicht.

erste Platte, die du gekauft
hast
"Tribal Dance " von
2Unlimited. Ich war ganz
enttäuscht, das auf der Maxi-
Single nur mehrfach das gleiche
Lied war. Das erschien mir wie
Betrug. Vom Begriff "Remix"
hatte ich damals noch nicht
gehört.

ein Song der den besten Sommer
deines Lebens wachruft
An den besten Sommer meines
Lebens kann ich mich kaum
erinnern. Aber es wird sehr häufig
"Born Slippy" von Underworld
gelaufen sein. Die Assoziationen,
die nun aufkommen, tun dies
leider völlig zu recht.

deine Trink-Hymne
Puh, soetwas habe ich leider nicht.
Ich kann mich aber entsinnen,
dass die Musik der Band "Beirut"
mich im betrunkenen Zustand
noch mehr flasht, als sie es
ohnehin schon tut. Balkan und
Betrinken - eine gute Mischung.

Platte, die du am längsten
gesucht hast
"Gimme Tha Power" von
Molotov. Seit ich die zweite Hälfte
des Videos bei MTV gesehen hatte,
wartete ich wochenlang darauf,
dass man es noch einmal zeigt.
Als dies nicht geschah, begann
ich sämtliche Plattenläden nach
dem Album zu durchstöbern.
Immer und immer wieder. Ich
hatte erst Jahr später Glück.

ein Song, den du am liebsten
selber geschrieben hättest
Ich versuche in meinen Gedichten
häufig, so eine Element-of-Crime-
Stimmung zu erzeugen. Ich kann
mich aber nicht erinnern, dass
es mir jemals geglückt wäre, jene
lakonisch-betrunkene Atmosphäre
herzustellen, die ich an deren
Songs so liebe. Exemplarisch sei
hier "Weißes Papier" genannt.

ein Song, der deine Freunde
immer an dich erinnern wird
In eitlen Momenten wünsche ich
mir, dass dies der Song
"Comandante" der tollen Locas
In Love sein könnte. Es wäre
zu schön. Na ja. Ist zumindest
eine Motivation, heute schon
an meinem Nachruhm zu
arbeiten.

ein Song, den du also Klingelton
wählen würdest (wenn dazu
gezwungen)
Am besten etwas schönes,
unaufdringliches. Spontan fällt
mir "All I Need" von Air ein.

ein Song, der dich garantiert
depressiv macht
"If You Could Read My Mind"
in der Version von Johnny Cash.
Überhaupt das ganze "American V"-
Album. Es ist derart durchzogen von
Verlust und Todesahnungen, dass
ich es mir kaum anhören kann.

erster Videoclip, an den du dich
erinnerst
"Black Hole Sun" von Soundgarden.
Die schmilzende Barbie-Puppe war
schon geil...

bester Kraftwerk-Song
"Das Model". Ich kenne aber kaum
etwas von denen.

die perfekte Hymne für Zürich
Bitte?

der Song, der an deiner
Beerdigung gespielt werden soll
"Old Nobody" von Blumfeld.




Freitag, 16. November 2007

Sensation! Karl C. Nohm kriegt Platin!

So, hier liege ich nun, völlig abwehrkräftefrei und auch ansonsten ziemlich kraftlos. Den ganzen Tag über lag starrte ich an die Wand und ließ meine Gedanken kreisen. Es war zwar ein großes Nichts, worum sie kreisten; das hielt sie jedoch nicht vom Kreisen ab. Wie Fliegen schwirrten sie durch den Raum.

Fliegen sind übrigens ein Symbol für den Wahnsinn. Deswegen heißt der Fliegenpilz Fliegenpilz. Wer wissen will, warum dem so ist, sollte mal einen essen.

Essen ist auch so ein Thema. Nachdem ich die zwei trockenen (!) Brötchen heute morgen immediately wieder losgeworden bin, habe ich mich den ganzen Tag nicht getraut, irgendetwas zu mir zu nehmen. Bis gerade eben. Und was habe ich gegessen? Bratwurst und Bratkartoffeln. Hi, my name is Karl. Welcome to Jackass. Aber es bleibt bis jetzt drin. Haltet mir die Daumen...

Hätte ich doch lieber Kidney-Bohnen verspeist. Dann hätte ich jetzt einen Super-Übergang zum Thema Nieren. Die kacken nämlich ab. Also, meine. Die können all das Platin (sic!), das durch sie lief nur schwer wieder loswerden. Sicher habe ich jetzt die teuersten Nieren der Welt. Aber: ein Herz aus Gold kann nicht schlagen, eine Niere aus Platin nicht... ähm... filtern. Mit ordentlicher Wässerung sollte das Problem jedoch bald wieder behoben sein.

Apropos Problem: jetzt geht mir gerade der Schwachsinn aus. Das kann auch mit noch so viel Wässerung nicht behoben werden. Mit ein paar besonderen Pillen allerdings schon... Gleich mal nach der Schwester klingeln.

Bis dahin: Gute Nacht da draußen! Wo immer ihr sein mögt...

Mittwoch, 14. November 2007

Why do birds..

Dem Anlass entsprechend schreibe ich heute alles in rot. Auch, um über den Anlass nicht zu sprechen, nicht sprechen zu müssen. Denn das hier, Freunde, ist eine geheime Botschaft. Es gibt da nämlich so eine gewisse Person, die durch bösen Zufall beim Surfen bei einem gewissen Blog landen könnte, und dann wäre das Thema "Landen" für mich zumindest gestorben. Für alle, die jetzt nur Bahnhof verstehen - also alle - etwas mehr Klartext: der Krankenhausalltag ist wieder spannend. Ihr dürft euch für mich freuen und zwar ... jetzt.

Ansonsten steuere ich schnurstracks auf das Zelltief zu. Ab morgen werden Besuch und Personal also nur noch maskiert zu mir kommen können (Viren!), was in manchen Fällen von Vorteil, in einem ganz bestimmten Fall aber von deutlichem Nachteil ist... *zwinker, zwinker* Ich persönlich habe für meine kleinen Ausflüge eine ganz besonders coole Maske, die mir im Zusammenhang mit einer Kapuze etwas sehr ninja-mäßiges verleiht. Würde ich damit allerdings tatsächlich gegen Bösewichte kämpfen, würde ich nach fünf Minuten zusammenbrechen. Man kann durch das Ding kaum atmen. Aber auch ohne solche Aktionen wird es wohl ein wenig turbulenter und schwieriger werden die nächste Zeit, so ganz ohne Immunsystem. Ich bin auf einiges gefasst.

Vor allem müder werde ich sein wegen der schlechten Blutwerte. Einen großen Teil der Tage verschlafen. Wenigstens habe ich jetzt etwas mehr Stoff für schöne Träume.


Sonntag, 11. November 2007

Standby

Ich möchte es gleich vorwegschicken: das hier ist ein Eintrag aus Pflichtgefühl. Eine hingerotzte Nummer ohne Liebe. Es wiederholt sich alles nur noch; ich sagte es bereits. Wobei ich allerdings zugeben muss, dass diesmal alles nur halb so schlimm ist. Ich bin nur halb so müde, mir ist nur halb so schlecht, ich bin nur halb so psychotisch. Und manchmal noch erstaunlich gut zu gebrauchen. Fast menschlich. Vielleicht macht mir deswegen die Schwesternschülerin schöne Augen. Ich bin das Highlight dieser Station.

Sonst sehe ich viel fern, spiele viele Computer, lasse sinnlosen Input in mich fließen, der dann irgendwo versiegt ohne Spuren zu hinterlassen. Und so kommt es zu solch sinnlosem Output wie diesem Eintrag hier. Ich habe nicht einmal ein schlechtes Gewissen. Auch sonst empfinde ich nicht viel.

Vor allem nicht viel Motivation, hier heute noch irgendetwas vom Stapel zu lassen. Mir bleibt nur noch die Kraft für ein abruptes Ende. Schluss für heute.

Donnerstag, 8. November 2007

Nothing to say

Zweiter Tag der Chemo und ich fühle mich eigentlich ganz in Ordnung. Überhaupt bin ich mittlerweile zu einer etwas zuversichtlicheren Sichtweise der Dinge gelangt. Denn: der letzte Zyklus lief so abgrundtief beschissen, dass ich ja eigentlich nur positiv überrascht werden kann. Zumindest ist das ganze mit Sicherheit nicht mehr zu untertreffen.

Tja, und so liege ich hier und harre der Dinge und vor allem auch neuer Erkenntnisse. Gerne fände ich an der Situation noch irgendetwas, dass sich schriftlich festzuhalten lohnte. Aber so, wie es sich für mich momentan darstellt, ist die ganze Krebssache ziemlich ausgelutscht, noch lange jedoch nicht ausgesessen und das ist das Problem. Ich glaube wirklich, aus all dem etwas gelernt zu haben und an der Sache gewachsen zu sein. Ich wäre jetzt bereit, mein restliches Leben anzupacken und zwar deutlich besser, als es bisher der Fall gewesen ist. Von so einigen Macken bin ich wohl für alle Zeit kuriert. Leider ist der Krebs nicht nur ein guter Lehrer, sondern auch ein riesiges Arschloch. Er hält mich hier fest. Jeden Morgen beginnt der Murmeltiertag erneut. Es gibt nichts, was ich deswegen tun könnte, außer auszuharren und nicht völlig zu verzweifeln. Und weiterzubloggen, weiter neue Worte zu finden, auch für das immer gleiche Elend. Ich weiß, dass diese Worte furchtbar schlechte Waffen sind. Bessere habe ich jedoch noch nicht gefunden.

Dienstag, 6. November 2007

One more time

Wieder einmal ist es kurz vor Krankenhaus. Das heißt: kurz vorm Kotzen, im wörtlichen wie im übertragenden Sinne. Und mir ist heute nicht nach blumigen Chemo-Police-Metaphern um diese Situation zu umschreiben. Ich spüre da nichts Mystisches, Bedeutsames in der Luft. Ich habe bloß ganz entschieden keine Lust auf das alles. Keine Lust darauf, das jemand mit einem langen Metall in meiner Halsvene stochert, um dann einen Schlauch dort einzuführen, durch den man mir dann ekelhafte Gifte und noch eine ganze Flut weiterer Flüssigkeiten verabreicht. Keine Lust auf die Müdigkeit, die Übelkeit, die Appetitlosigkeit, die Dünnhäutigkeit. Keine Lust auf die räumliche Beengtheit. Keine Lust auf die Atemschutzmaske ohne die ich ein paar Tage nicht werde das Zimmer verlassen können. Keine Lust auf... ach, vergesst es.

Die Sache ist: ich hatte das alles schon. Ich hatte das alles schon zur Genüge. Nicht einmal als Erfahrung ist die Sache also etwas wert. Das ist bloß die Wiederholung der Wiederholung eines ganz miesen Films. Das ist bloß die Wiederholung der Wiederholung eines ganz miesen Films. Das ist bloß die Wiederholung der Wiederholung eines ganz miesen Films. Das ist bloß die Wiederholung der Wiederholung eines ganz miesen Films. Das ist bloß die Wiederholung der Wiederholung eines ganz miesen Films. Das ist bloß die Wiederholung der Wiederholung eines ganz miesen Films. Das ist bloß die Wiederholung der Wiederholung eines ganz miesen Films. Das ist bloß die Wiederholung der Wiederholung eines ganz miesen Films. Das ist bloß die Wiederholung der Wiederholung eines ganz miesen Films.

Und selbst diesen Gag habe ich schon einmal gebracht.

Sonntag, 4. November 2007

Rauschen

Ich weiß schon bei diesem ersten Satz: das gibt heute nichts. Die Musen sind fort, bestimmt bei irgendwelchen anderen Kerlen, diese Dirnen. Aber ein paar Worte schaffe ich. Das gebietet der sportliche Ehrgeiz.

Vielleicht ist übrigens auch meine Lebenswandel schuld an der Leere im Kopf. Den ganze langen Tag habe ich blutige Egoshooter gespielt. Ein grausiges Gemetzel. Es sind auch viele Gehirnzellen dabei ums Leben gekommen.

Gut so. Vielleicht sind jetzt auch ein paar Krankenhauserinnerungen dem zum Opfer gefallen. Dann stört es mich auch nicht, dass dieser Eintrag ebenfalls gestorben ist deswegen.

Besser gesagt: er stirbt gerade im Moment. Seht ihr nicht, wie er immer blasser wird? Wie er röchelnd ins Leere starrt? Und jetzt, genau jetzt, stößt er seinen letzten Atemzug aus.

Samstag, 3. November 2007

I would prefer not to

Dies wird kein langer Eintrag. Ich möchte das damit begründen, dass Glück zwar schön ist, wenn man es erlebt, leider aber auch völlig uninteressant, wenn man es schriftlich festhält. Es mit meinen beiden Händen festhalten - das täte ich gerne. Aber auch das ist unmöglich.

So kommen wir zum weiteren Grund meiner Wortkargheit: ich möchte die kurze, köstliche Zeit zu Hause nicht mit Bloggen verschwenden. Jedenfalls nicht allzuviel davon. Wenn der Krebs sich heute in Pose wirft, dass ich ein weiteres Bild von ihm male, will ich ihm lieber einen Schnurbart ins Gesicht kritzeln. Und das mache ich nun. Kritzel, kritzel.

Freitag, 2. November 2007

Aus dem Funkloch meiner Einsamkeit

Oh je, was habe ich mir bloß mit dieser Ankündigung einer längeren Zuwortmeldung angetan? Irgendwie hatte ich das Gefühl, ich müsse über die vergangenen Tage berichten, die nun wegen widriger Umstände unbeschrieben geblieben sind. Nun aber ist mir eingefallen, dass niemanden der Scheiß von gestern interessiert. Zumindest finde ich es nicht interessant, darüber zu schreiben. Die gefühlsmäßige Connection ist weg, die Authentizität des unmittelbaren Erlebens! Außerdem hätte des Rekonstruktion des Ganzen einen wirklich verdammt langen Text zur Folge und das machen meine Nerven gerade nicht mit, weil............................................. ständig ..............................................die ................................verdammte ...............................................Spacetaste ......................klemmt!!!!!

Ziehen wir's also im Schnelldurchlauf durch: Fieber hatte ich, übel ging es mir, ich schlief ganz doll viel, wurde mit Antibiotika überschwemmt. Dann: viel zu niedriger Blutdruck! Viel zu hoher Entzündungswert! Man überlegt, mich in die Intensivstation zu verlegen! Stattdessen: ich werde mit noch mehr Antibiotika überschwemmt, dazu gibt's einen Haufen weiterer Flüssigkeiten, auf den Haufen wirft man noch Pillen, übel geht es mir, ich esse fast gar nichts, kotze umso mehr (Paradoxon), schlafe ganz irre viel, fühle mich ganz viel irre. Zum guten Schluss: Blutdruck steigt, Fieber sinkt, mir geht es besser, mir geht es gut. Punkt. Apropos: Punkt. Ich habe im Fieberwahn ein Gedicht dieses Titels verfasst. So geht es:

Punkt.

Hab' häufig mich selber gegeißelt,
allein.
Und dann meine Leiden gemeißelt
in Stein.

Dies' Ich, ach, es suchte so flehend
ein Du.
Dann fand es, ich selbst nicht verstehend,
nie Ruh'.

Und nun, Freund, dein ärmliches Leben
vergeht.
Kein Trost, keine Hand, kein Vergeben.
Zu spät.

Womit wir doch genau in der richtigen Stimmung für gute Nachrichten wären... Die gibt es nämlich wirklich. Aaaalso: ich darf morgen nach Hause! Zwar nur bis Dienstag - und dann geht das Trommelfeuer weiter - aber immerhin.

Immerhin.

Es sind die kleinen Dinge, auf die es ankommt. Diesen Satz meine ich nicht zynisch, nicht ironisch. Nein, dieses Mal nicht.

Comeback

Meine Güte, was für eine fürchterliche Scheiße! Ich weiß, dass ich nach all den Tagen der Abwesenheit mit einem etwas ausgefeilterem Satz wieder einsteigen sollte, aber leider war es eben so, dass ich in der Zeit mehr geflucht, als gefeilt habe. Denn meine Exil war kein freiwillig gewähltes, nein. Der Grund meines Fehlens ist viel profaner: weder bei mir, noch bei meinem Nachbarn funktionierte das Internet. Und es kam und kam niemand, um es zu richten. So musste ich mein Fieber in aller Stille erleiden, wortlos auskurieren. Meine Fieberträume verpufften im Kopf, bekamen nie die Chance, per Niederschrift gebannt zu werden. Sinnloses Leid! Einsames Hadern!

Nun bin ich wieder fit. Und werde mich später ausführlicher zu Wort melden. Jetzt heißt es erst einmal: sinnlos herumsurfen! Wie habe ich es vermisst, das Internet... Ich will es ganz fest an mich drücken und nie wieder loslassen.

Samstag, 27. Oktober 2007

Up/Down

Leider ist das hier kein stetes Auf, wie ich eigentlich gehofft hatte, sondern immer wieder auch ein Ab. Zum Beispiel heute. Nutzlos dämmerte mein Körper in den Laken, mein Geist war meistens abwesend. Mal volkstümlich ausgedrückt: ich war völlig im Arsch. Ich bin völlig im Arsch. Das Schreiben ist so anstrengend, als wollte ich meinen Eintrag in Marmor meißeln. Und der Grund? Ich habe Fieber. Mehr bleibt nicht zu sagen.

(Unser Held setzt den Punkt hinter den letzten Satz, dann kollabiert er. Dies ist weitaus weniger spektakulär, als man es sich vorstellt, da er sowieso bereits liegt.)

Donnerstag, 25. Oktober 2007

Hirnflimmern

Wieder einmal habe ich das Zimmer und somit auch den Nachbarn gewechselt. Diesmal war es auf eigenen Wunsch, da ich die dritte Nacht in Folge auf Grund des Martyriums meines Kameraden kaum habe schlafen können. Ich war sozusagen Co-Märtyrer. Dieser schöne Begriff, zu dem ich mich hiermit herzlich beglückwünschen will, ist vor allem auch deswegen so schön, weil er an das Wort 'Koma' erinnert und ich mich diesem Zustand nun, nach all dem Ungemach, sehr nahe fühle. Aber auch dem Glück bin ich jetzt näher. Es sind nun nur noch wenige Lichtjahre bis dahin. Tausend oder so.

Damit schließe ich meine Ausführungen vor der Zeit, um mich ebenso vor der Zeit zur Ruhe zu betten. Ich habe Angst, dass ich vor lauter Schlafmangel nur noch peinlichen Unsinn verzapfe und der steht dann auf ewig in diesem verdammten Internet. Inder nett. Kinderfett. Kartoffelsalat. Verflucht, zu spät!

Mittwoch, 24. Oktober 2007

Neon Signs

Immer noch aus diesen vier verhassten Wänden: wieder ein Lebenszeichen von mir. Kein Bericht, wirklich nur ein Zeichen, weil es für Leere kein besseres Wort gibt als eben dies - 'Leere'. Aber es gibt mich noch und ich werde wieder mehr. Nachdem ich mich gestern noch nur leidvoll herumgewälzt habe, kann ich mich seit heute allmählich wieder spüren. Es ist so erhebend, langsam wieder hier, bei mir anzukommen. Jene Liebe zum alten Fucker Leben ist noch da. Ich will so sehr wieder dort hinaus, irgendwann.

Der DJ soll dann "Flux" von Bloc Party spielen.

Montag, 22. Oktober 2007

Down with the sickness

Tja, da hat man mir doch endlich das Internet hier gerichtet und ich muss mich jetzt nicht mehr unter übelsten Verrenkungen zur Multimediastation meines Nachbarn hinüberbeugen. Ich selbst allerdings fühle mich noch bei weitem nicht "gerichtet". Deshalb nutze ich das schwer einzuschätzende Zeitfenster bis zum nächsten Erschöpfungszustand, um mal eben meinen Eintrag abzufeuern. Nun gut, liebes Tagebuch, was habe ich denn gestern und heute so erlebt? Vor allem kenne ich jetzt den Zustand der Müdigkeit wohl in sämtlichen Schattierungen. Keine dieser Schattierungen hat mir gefallen und ich mir selbst schon mal gar nicht. Aus dem Spiegel schaute mich etwas an, was ich als Zombie bezeichnen würde, wenn der Begriff ob seiner Film-Konnotation nicht viel zu glamourös wäre. Zeitweise ergab ich mich der Vorstellung, ich sei ein altes Gemäuer, das sowohl von außen, als auch von innen völlig mit Giftefeu zugewuchert ist und auch jetzt erscheint mir dieses Bild passend - vergiftet und im Verfall begriffen.

Erschwerend kommt noch hinzu, dass mein derzeitiger Nachbar ein fürchterlicher Querulant und Quadratschädel ist, der ständig die Schwestern und Ärzte mit seiner Paranoia terrorisiert. Er zieht mich runter in seinen Sumpf aus Negativität. Doch leider kann ich sein Verhalten auch verstehen. Er beißt um sich, wie ein in die Ecke getriebener Hund. Wohlwissend, dass es nicht gut aussieht für ihn.

Gut, liebes Tagebuch. Ich lege dich dann jetzt mal wieder fein unter meine Matratze, damit mein blöder Bruder nicht wieder in dir liest.

Oh, eine Sache noch: heute habe ich meine Stammzellen durch den ZVK zurückerhalten. Ein sehr stranges Gefühl. Sehr strange. Eine große Hitze wallte durch mein Gesicht, im Mund breitete sich der Geschmack von Tomatensaft aus. Ohne Scherz: Tomatensaft. Es ist das Konservierungsmittel, das so schmeckt. Bei Körpertemperatur wird es gasförmig und verlässt dann den Körper durch den Mund... Wie ich schon sagte: sehr strange.

Samstag, 20. Oktober 2007

GLSL

Ich habe Schluckauf, mein Gehirn ebenso. Face the facts: ich bin heute völlig unblogbar. Deswegen wage ich jetzt mal das Experiment, eine kleine Diskussion im Kommentarbereich anzuregen. Reader outsourcing sozusagen. Thema: Gute Literatur, schlechte Literatur über Krebserkrankungen. Ich mache den Anfang.

Hervorragend: "Später Spagat" von Robert Gernhardt (der Meister tritt ab mit einem Tusch - einem sehr subtilen Tusch, falls man sich das vorstellen kann)

Schrott: "Ein Jahr Hölle" von Michael Lesch (weinerliche, prätentiöse Yuppie-Scheiße)

So, jetzt seid ihr dran.

Fakten, Fakten, Fakten

"Life's a bitch."
(Motörhead)


Ja toll. Ich habe nicht nur Krebs, nein, jetzt funktioniert auch noch das Internet nicht mehr. Zumindest bei dem "Multimediagerät" auf meiner Seite des Zimmers. Netterweise hat mir mein (wieder einmal neuer) Nachbar jetzt seines zur Verfügung gestellt. Und jetzt... weiß ich nicht was ich schreiben soll...

Vielleicht zur Abwechslung mal ein paar knallharte Fakten. Aaaalso: gestern hatte ich den dritten und somit letzten Tag der Chemo des ersten Hochdosiszyklus, was aber noch lange nicht heißt, dass ich entlassen werde. Ich werde nämlich noch lange nicht entlassen. In den nächsten Tagen werden meine Blutwerte und somit meine Abwehrkräfte völlig in den Keller gehen, weswegen ich morgen meine gespendeten Stammzellen zurückerhalte. Dann heißt es Warten darauf, dass diese vom Körper angenommen werden. Das dauert ungefähr zehn Tage. Und dann darf ich raus, für so ca. fünf Tage. Dann folgt ... der nächste Zyklus! Wie ich schon sagte: die Fakten sind knallhart.

So, und beim nächsten Mal wieder Literatur...

Freitag, 19. Oktober 2007

Harder to breath

6.00 Uhr: Der Mensch neben mir (mein neuer Nachbar, ich stellte ihn noch gar nicht vor - gestern bin ich in ein anderes Zimmer verlegt worden) verreckt gerade. Und das schon seit Stunden. Zumindest bildet er sich ein, dass er verreckt. Er leidet unter Atemnot.

Wie man meiner Wortwahl entnehmen kann, bemitleide ich ihn kein Stück. Ich hasse ihn dafür.

Schlafentzug gilt ja als sehr beliebte Foltermethode. Er macht Menschen zu Barbaren und lässt sie ihre Ideale verraten. Ich würde noch einige Ideale mehr verraten, als ich es hier, mit meinem Aussagen, schon getan habe, für noch zwei Stunden herrlichen, ungestörten Schlaf.

Donnerstag, 18. Oktober 2007

Ein Anderer

Mir ging es heute den Großteil des Tages so dermaßen beschissen, dass ich, hätte ich diesen Eintrag vor ein paar Stunden gemacht, nur hätte schreiben können, dass meine derzeitige Lage jeder Beschreibung spottet. Und das wäre es dann gewesen - kurz, aber authentisch. Nun geht es mir, Cortison sei Dank, schon deutlich besser. Mir ist aber auch jegliche Lust an Klageliedern vergangen. Dies führt nun zu dem Problem, dass die Beschreibung der Abwesenheit von Leid, vor allem bei gleichzeitiger Abwesenheit von Konzentration, sich noch viel schwieriger gestaltet.

Ich könnte freilich nun für einen Moment innehalten, um meine Situation einer etwas objektiveren Betrachtung zu unterziehen. Könnte einen philosophischen Text darüber schreiben, was eine derartige Krise mit einem Menschen anstellt und wie sie nicht nur seinen Körper, sondern auch seinen Geist wandelt, aber... Nun ja. Zumindest würde ich dies tatsächlich gerne irgendwann tun. Zu einem großen Teil ist nämlich mein Blog eben dies: der Versuch, Abstand von meiner Situation zu gewinnen, indem ich versuche, Worte dafür zu finden, um die Situation so schließlich auch intellektuell durchdringen zu können. Bisher bin ich daran kläglich gescheitert. Die Verwirrung wächst eher noch und mit ihr das Gefühl von Fremdbestimmtheit und Ausgeliefertsein. Das Know How ist bei den anderen. Für jemanden wie mich, der ich immer sehr eigenbrötlerisch war und der ich meine Probleme immer versucht habe, alleine zu lösen, ist das häufig schwierig zu akzeptieren.



Und jetzt lese ich den letzten Abschnitt und erlebe wieder das Gleiche, wie bei vielen vorherigen Einträgen. Ich frage mich, ob ich denn wirklich mit meiner Beschreibung die Sache auf den Punkt bringe. Ich zweifle, ob denn alles wirklich der Wahrheit entspricht, wie ich es schildere oder ob meine Urteilskraft nicht durch temporäre Gefühlslagen getrübt wird. Kann ich mich denn überhaupt von außen betrachten? Und selbst, wenn ich dies gar nicht erst versuche, wenn es aus meinem Innenleben, aus meinem Herzen zu kommen scheint, was ich schreibe: ist es nicht doch immer grob verkürzt und verfälscht, wie ich es schildere? Kann ich überhaupt Auskunft geben von mir? Kann ich mich selbst noch erkennen in diesem Chaos, in diesem Krieg?

Wer ist es, der hier diese Zeilen schreibt?

Mittwoch, 17. Oktober 2007

Was gibt's neues vom Weltkrieg?

Nicht viel, wie ich sagen muss. Ich hänge halt so rum und an der Chemo. Noch nie konnte ich mit mehr Berechtigung auf die Frage "Wie geht es?" mit "Läuft." antworten.

Call to arms

Auf gewisse Weise ist das Verlegen des ZVK ein Initiationsritual. Man wird aufgenommen in die Gemeinschaft der Siechenden. Vorhin noch war ich agil, saß in meinem Krankenzimmer und fühlte mich fehl am Platz. Jetzt - danach - ist alles anders. Nun bin ich Teil der Rotte. Tarnfarben, mit geschultertem Gewehr, lauere ich im Schützengraben und harre der Dinge. Die Schlacht, die Chemo, kann beginnen.

Dienstag, 16. Oktober 2007

C. P. II

"This is radio nowhere.
Is there anybody alive out there?"
(Bruce Springsteen)

Und wieder flackern Blaulichter durch meine Fenster. Der aufmerksame Leser weiß, wer dort draußen auf mich wartet. Nun verlangt es Realismus, meine Situation zu beschreiben, ihr gerecht zu werden. Doch alles in mir schreit nach Flucht, nach Realitätsflucht, nach Eskapismus. Und so ist dies hier, mein Geschreibsel, lediglich auf Aktionismus zurückzuführen. Es bringt alles nichts.

Nein, wirklich: das alles bringt doch nichts. Also hänge ich vor dem Fernseher und übe es, verrottendes Fleisch zu sein. Ich würde gerne fünf Flaschen Wein köpfen und dann den Mond anheulen, statt meine Leser vollzuheulen. Nun ja. Leider ist sie vorbei, die Party.

Die Party ist vorbei.

Meine Haare reloaded

Heute habe mich mir eine Glatze rasiert. Anders, als man meinen sollte ist dies ein archaischer, männlicher, unglaublich erhebender Akt, der meinem Aussehen das Sanfte ausgetrieben hat. Ich wirke nun ziemlich martialisch. Ein wenig kann ich Skinheads und Shaolin-Mönche verstehen.

...

Ich schreibe Nichts, weil gerade Nichts passiert. Ein wundervolles, so unglaublich erholsames Nichts. Ich habe dieses Nichts sehr lieb. Und habe ein Bild gemalt von ihm. So sieht es aus:













.

Samstag, 13. Oktober 2007

Meine Haare 2

"Ich leide wie ein Hund." hörte man Stoiber vor einiger Zeit sagen. Nicht so ich. Mir geht es angesichts der Umstände sogar erstaunlich gut. Bei mir ist es so: ich haare wie ein Hund.

Und nun warte ich darauf, dass irgendein Halbfremder auf die ausgefallenen Haare auf meinen Schultern deutet und kichert: "Du kriegst ja eine Glatze, hihi.", damit ich ihm dann ein knochentrockenes: "Ja, das kommt von der Chemo..." um die Ohren hauen kann. Krebs und Humor, naja. Hier kommt zusammen, was zusammen gehört.

Meine Haare fallen aus

Meine Haare fallen aus,
ich muss sie nicht einmal mehr raufen.
Hätt' ich Geld, nicht nur Applaus,
ich würd' mir 'nen Revolver kaufen.

Deine Haare überall,
ich darf dich nicht einmal verdrängen.
Könnt' ich doch mit einem Knall,
dies' Haus zu Schutt und Asche sprengen...

So bin ich betrunken hier
und muss von uns'ren Haaren schreiben.
Düster ist's, ich sterbe schier
und will so gerne bei dir bleiben.


(Natürlich fallen mir die Haare aus einem ganz anderen Grund aus. Aber ist es nicht so viel romantischer und weniger deprimierend?)

Freitag, 12. Oktober 2007

Von Brecht gelernt

"Wer fightet kann ablosen,
wer nicht fightet hat schon abgelosed."

schreibe ich in das goldene Gästebuch meiner Station. Und ermpfehle mich. Ab nun funke ich wieder von zu Hause.


Donnerstag, 11. Oktober 2007

In my blood

Also, ick sach ma so: mein Blut, dat is echt dufte. Also echt, 'ne Spitzentype. Hat es doch bereits heute genug Stammzellen hergegeben, dass ich bereits morgen wieder nach Hause kann. Um dann, selbstverständlich, am 17. frisch und munter zur Chemo zu erscheinen, damit man mir das Frische und Muntere wieder austreiben kann. Bis dahin heißt es allerdings PARTY! Wobei ich anmerken muss, dass für mich schon das Schlafen im eigenen Bett die reinste Partystimmung bedeutet.

Let's call it a day

Kinder, Kinder. Also, das war so: aufwachen, Blutabnahme, frühstücken, Arzt kommt rein, Arzt checkt Armvenen wegen der anstehenden Stammzellenspende, Arzt schüttelt den Kopf, Arzt sagt: "Sie brauchen einen ZVK", ich: "Oh nein", Arzt: verschwindet, plötzlich: ganzer Raum voller Ärzte, ZVK wird gelegt: gar nicht so schlimm!, dann auf zum Röntgen, zwei Ärzte begleiten mich, warten aufs Röntgen, mit den Ärzten anfreunden (wir duzen uns jetzt), geröntgt werden, Ergebnis: alles okay (ZVK liegt richtig), zur Stammzellenspende eilen, dann aber: auf ausstehende Werte warten müssen, erfahren: die Werte treffen so schnell nicht ein, gesagt bekommen: gehen sie doch mal lieber erst zum Mittagessen, zur Station zurückkehren, zu Mittag essen, dann auch noch Nachbarn verabschieden. Puh, und jetzt ist es 12:44 Uhr und... ich könnte eigentlich schon wieder schlafen gehen...

Mittwoch, 10. Oktober 2007

Survival Sickness

Dideldidum,
ich liege herum
im Klinelikum,
äh Klinikum.

Dieses Gedicht hat eine Fortsetzung, die ich dem Leser aber lieber ersparen möchte. Es vermittelt dennoch sowohl inhaltlich, als auch qualitativ einen guten Eindruck davon, dass der Gang in eine Klinik immer auch den Gang in eine geistige Einöde bedeutet. Wenn du lang genug auf auf eine weiße Wand blickst, blickt die weiße Wand irgendwann auf dich. Oder so. Oder auch nicht. Zumindest wird man selbst wie diese weiße Wand - nichtssagend, charakterlos. Patientenvieh. So erlebe ich es immer wieder. Und könnte nun anheben zu einer scharfsinnigen Analyse dieser Situation, aber...

hey, auf RTL kommt gerade der Schuldnerberater... Dideldidum...

Free Hospital

So, da bin ich nun wieder, back in da house, also in da krankenhouse. Und habe ich geweint vorher, habe ich gehadert? Aber nein! Vielmehr erfüllt mich eine merkwürdige Gelassenheit ,die beinhahe schon in leichte Heiterkeit übergeht. Vielleicht ist dies der Buddhist in mir. Es mag aber auch der Masochist sein.

Kurzer Check der Gegebenheiten: Station - gut (also nicht die Abnippelstation, auf der man mich beim letzten Mal kurz unterbrachte), Zimmer - ebenfalls gut (die Toilette ist außerhalb, ich bleibe von Darmgeräuschen verschont), Nachbar - cool (wieder kein Fußball- und Formel 1-Typ und ebenfalls kein Röchelopa). Hier lässt es sich für einige Zeit leben, wenn man mich denn lässt.

Tja, so verbleibe ich vorerst, völlig leisure, völlig easy und harre der Dinge, die da kommen. Dies wird im Übrigen vorerst keine Chemo sein. Zunächst einmal werden Stammzellen gesammelt. Mit der Chemo geht es dann erst in genau einer Woche los. Also in einem anderen Leben für jemanden wie mich, der nur noch von Tag zu Tag lebt.

Dienstag, 9. Oktober 2007

Lied vom Rückenschmerz


"Aaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaa
aaaaahhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhh
hhhhhrgh!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!"





(Linernote, vorgetragen mit der Stimme eines kiffenden Altrockers: Na ja, das fing heute morgen an mit den Rückenschmerzen. Man hat mir ja letztens diese Spritze gegeben, die soll das Knochenmark anregen, Stammzellen zu produzieren. Und die Ärztin hat mir gesagt, dass die Knochen schmerzen könnten davon. Ja, und das machen sie jetzt auch. Also: vor allem die Wirbelsäule, die macht mir echt zu schaffen. Man kann sagen, die Sache hat mich ins Mark getroffen, höhöhöhö. Tja, und dann hab ich halt diesen Song geschrieben. Ich stell mir den mit so ner ganz schrillen, experimentellen Instrumentierung vor. Fingernägel auf Schultafel oder so. Is n Hit, is n echter Hit.)

Montag, 8. Oktober 2007

Dementi

Diese für euch langweilige, für mich dagegen erfreuliche Neuigkeit habe ich der besseren Goutierbarkeit wegen in ein paar Verse gepackt:

Ich bin noch nicht im Krankenhaus,
darf noch zu Hause bleiben.
Und jetzt? Geh'n die Gedanken aus.
Worüber soll ich schreiben?

Das Bloggen ist ja eh sehr schwer,
so hart erquälte Zeilen.
Ich hab bald keine Leser mehr,
um diese Qual zu teilen.

Einsam wird es dann um mich
und meine Kapriolen.
Oh je, dann werden sicherlich
mich Tod und Teufel holen.


(Na gut. Es geht dann halt übermorgen weiter. Aber ich lasse ungern die Kirche im Dorf. Die bimmelt immer so laut.)

Sonntag, 7. Oktober 2007

Nohms Neuigkeiten

Findet ihr es auch so ulkig und ärgerlich zugleich, wie in Boulevardmagazinen wie "Taff" eine Überzahl von Alliterationen bemüht wird, um den Anschein von sprachlicher Geschliffenheit zu erwecken? Das hört sich dann ungefähr so an:

Karl, der kuriose Krebskranke campiert ab morgen wieder im Krankenhaus. Der stämmige Sturkopf soll sich selbst dort Stammzellen spenden. Nach den Nackenschlägen der letzten Leidenswochen hagelt es bald schon die Hochdosis-Chemo – schöne Scheiße.

Haha! Jetzt habe ich verdeutlicht, was ich meine und gleichzeitig die zur Zeit relevanten Informationen geliefert. Toll, oder?

Samstag, 6. Oktober 2007

Heute im Kino gewesen

"War super."
(K.C. Nohm)

Ich setze mich also nun an den Computer, um dies hier zu verfassen und fühle mich ausnahmsweise einmal nicht schwer und schwindlig, sondern, im Gegenteil, leicht und… nun ja… schwindlig…, woran allerdings keine Medikamente und auch keine anderen Drogen schuld sind, sondern – ihr werdet lachen – der Film „Ratatouille“, den ich soeben sah und unter dessen Eindruck ich immer noch stehe – ich fühle mich wie in Paris und möchte durch die Straßen tanzen; dabei bin ich in Krefeld und durch die Straßen tanzende Menschen werden getötet - und „Eindruck“ steht hier synonym für ein hoffnungsloses High, das nicht von ungefähr kommt, sondern von einer durch gar nicht sterile, sondern detaillierte und liebevolle Animation transportierten Geschichte, die von der großen Anständigkeit ihrer Macher und deren tiefen Liebe zu ihrem Sujet zeugt, außerdem dabei ein Triumph des klassischen Geschichtenerzählens ist und mich nun diesen außer Kontrolle geratenen Satz schreiben lässt - als Hommage, denn der Satz ist… lang wie ein Rattenschwanz…

Freitag, 5. Oktober 2007

Phantom / Ghost

"I focus on the pain,
the only thing that's real."
(Nine Inch Nails)

Heute gab es einige Momente, in denen ich mich fast schon wieder normal fühlte. Dies ist angesichts des düsteren Mystizismus’, mit dem man dem Krebs und auch seiner Behandlung, der Chemotherapie, begegnet, beinahe schon enttäuschend. Mich beschleicht der Verdacht, dass das echte, tiefe Leiden in seiner ganzen scharfkantigen Realität in unseren Breiten nicht mehr existiert. Alles verbleibt unter einer leicht steril riechenden, leicht sedierend wirkenden Watteschicht. Dabei leide ich ja tatsächlich. Und das schlimmer, als es jemals vorher der Fall war.

Aber: es ist auch auszuhalten. Mehr noch: ich könnte Schlimmeres aushalten. Da ist immer noch Luft.

Vielleicht ist es ja auch so, dass wirklich jede Regung, die durch diese meine Glieder geht – durch diese Glieder, die schwitzen und scheißen und schlafen, diese altvertrauten Zellen, dieses verwohnte Zuhause –etwas abbekommt von der Banalität ihres Schauplatzes. Vielleicht ist alles am Ende banal.

Notiz an mich: „Entfremdung“ von Rahel Jaeggi erwerben.

Mittwoch, 3. Oktober 2007

Exklusiv! Der Krebs-Blogger im Interview

Reporter: Herr Nohm! Herr Nohm! Hättense vielleicht mal ne Minute?

Karl C. Nohm (unwirsch): Ja, was ist denn?

R.: Herr Nohm, man spricht ja jetzt allerorts von ihrem sogenannten Weblog, wo se so schön mitfühlbar über ihrn Krebs berichten. Was hammse denn genau?

N.: Hodenkrebs. Das mag zunächst lustig klingen, ist aber wie Scheiße am Schuh.

R.: Wie? Aber der soll doch so gut heilbar sein. Wie beim Friseur von der Tante vom Sohn meines Schwagers. Bei dem is alles super jetzt. Der hat auch Kinder und alles.

N.: Tja. Bei den meisten ist es einigermaßen schnell überstanden.

R.: Bei Ihnen etwa nicht?

N.: Bei mir nicht.

R. (ratlos): Bei Ihnen also nicht.

N.: Nein, bei mir nicht.

R.: Ääääääh, und was steht denn dann jetzt an bei Ihnen? Was erwartet Ihre Leser in den nächsten Tagen?

N.: Ich kann noch einige saftige Klinikaufenthalte versprechen, geschildert von einem saftlosen Schreiber. Stammzellensammlung, drei Zyklen Hochdosis-Chemo, ein bunter Blumenstrauß also. Sie verstehen?

R.: Jaaaaa…

N.: Na, ich muss dann jetzt auch mal weiter. Mir kommt’s gerade wieder hoch.

R.: Äh ja. Dann tschüssi!

N.: Tschüssi! (kotzt einen gewaltigen Schwall auf die Straße)

Toxic

"Alles ist vergiftet."
(Jan Delay)

11.31 Uhr: Ich bin heute aufgewacht. Das ist schon einmal positiv. Ich bin heute aufgewacht und ich war daheim. Das ist noch besser. Nun wünschte ich, ich könnte angemessen glücklich sein über diesen Zustand.

Doch: Ich habe die Pest mitgebracht aus der Klinik. Diesen Berserker in meinem Blut, in meinen Zellen. Fast schon wundert es mich, dass ich nicht grün schimmere. Ich bin fahrig, unkonzentriert, dünnhäutig. In einer Sekunde möchte ich losheulen, in der anderen alles in Stücke schlagen. Und dann bin ich ganz kurz wieder der Alte und reiße einen trockenen Witz.

Auch jetzt: ich schreibe einen Satz nieder, springe auf, renne durch die Wohnung, betrachte mich in einem Spiegel, erkenne mich nicht wieder. Ziehe prüfend an meinen doch gerade erst nachgewachsenen Haaren. Ungesund fühlen sie sich an und künstlich. Aber noch halten sie.

Dann wieder: Grüne, ätzende Schwaden ziehen über meine Magenwände. Ich muss kotzen. Nein, ich muss doch nicht kotzen. Ich will mich selbst auskotzen. Ich kotze mich an.

Am Ende: Chemo-Psycho. Chemo-Heulsuse. Geh doch einfach sterben, bitte.




Dienstag, 2. Oktober 2007

P.S.

Kauft Shotter's Nation!
Kauft Shotter's Nation!
Kauft Shotter's Nation!
Kauft Shotter's Nation!
Kauft Shotter's Nation!
Kauft Shotter's Nation!
Kauft Shotter's Nation!
Kauft Shotter's Nation!

Bulletproof ... I wish I was

Zu Hause. Ein flüchtiges Glück.
Die Worte flüchten ebenso.

Ich kam bis nach Vietnam in meinem Herzen.

Celebration

13.55 Uhr: Welch Glück! Die Aliens waren zu Verhandlungen bereit! Das Ergebnis: ich darf nach Hause! Ich bin eigentlich zu schwach und fertig um mich zu freuen, aber was da in mir rumort fühlt sich zumindest halbwegs nach einer positiven, emotionalen Regung an. Diese verdammten fünf Tage sind überstanden...

Meine nächste Meldung wird somit vom Heimatplaneten erfolgen. Vielleicht sind dann meine Gedankengänge auch nicht mehr ganz so extraterristisch...

Good morning, good morning

9.00 Uhr: Chaos um mich herum. Viel zu grelles Licht. Mir unbekannte Wesen tun Dinge mit mir, die ich nicht einordnen, nicht verstehen kann. Bin ich von Außerirdischen entführt worden?

Montag, 1. Oktober 2007

Menschen, Chemo, Sensationen

Ich blogge live von der Chemo:

9.43 Uhr: Warten auf die Chemo ist wie warten auf die Hinrichtung. Gestern zog ich einen Vergleich zwischen Chemo und Frankenstein-Experimenten, aber heute fühle ich mich eher nach Todestrakt. Und ich schwanke zwischen Resignation und einem tiefen Unwillen, ja Ekel, vor dem, was gleich wieder in meine Adern gepumpt werden soll. Es ist Tag 5 des Zyklus. Hiernach werde ich erstmal wieder ein paar Tage meine Ruhe haben. Aber ich weiß jetzt schon, dass die kommenden Stunden sich ins Unendliche ausdehnen werden.

10.32 Uhr: Ein Mittel gegen Übelkeit bildet die erste Vorhut. Ich freue mich schon auf das nachfolgende Cortison. Das macht mich immer ein wenig high.

10.52 Uhr: Okay, das hatte ich mir jetzt besser vorgestellt. Ich hänge immer noch wie ein erloschener Stern in diesem viel zu kleinen Kosmos Krankenzimmer. Gerade eben läuft Kochsalzlösung in meine Halsvene. Das Gift lässt noch auf sich warten.

11.30 Uhr, Zwischenbericht aus dem Schützengraben: Immer noch keine Chemo. Ich spüre, wie der Terror durch mich meine Nervenbahnen zieht. Anflüge von Panik, ohne panische Gedanken zu haben. Angst als rein körperliches Symptom. Doch schon jetzt, im Moment des Aufschreibens, verflüchtigt sie sich wieder.

11.42 Uhr: Und wenn mir Vera in't Veen jetzt ihre "Helfer mit Herz" anschleppte, gäbe das Stoff für Abendnachrichten und ganz sicher nicht für ihre Sendung. (Ich sah gerade den Trailer für diese Sendung; es ist zum Kotzen).

11.50 Uhr: Was hier allerdings gerade angeschleppt wurde, ist das Mittagessen. Ebenfalls sehr geschmacklos.

12.18 Uhr: Wie man schon an den letzten beiden Einträgen erkennen kann, geht es mir gerade wieder erstaunlich gut. Ich kriege zwar immer noch keine Chemo, habe das wirkliche Tief also noch vor mir. Auf der anderen Seite habe ich jetzt eher das Gefühl, in der Grundverfassung zu sein, um das ganze durchzustehen. Es ist jetzt einfach mehr Substanz da zum "herunterzuwirtschaften". Zähneknirschend muss ich zugeben, dass Frühstück und Mittagessen, die ich mir widerwillig reingewürgt habe, wohl viel mit dieser positiven Entwicklung zu tun haben. Ein Tipp also an alle Chemopatienten: Nahrung ist euer Freund. Ein extrem hässlich anmutender Freund vielleicht, aber immerhin ein Freund.

13.06 Uhr: Was ist stressiger, als eine Chemo zu bekommen? Mitten in der Chemo verlegt zu werden! Es ist kaum zu glauben, aber mein Bett wird so dringend gebraucht, dass man mich jetzt noch in eine andere Station verlegt. Entweder vor dem ersten Beutel Chemo, was zu hoffen ist, oder erst danach. (Man war sich noch nicht sicher, wann mein neues Zimmer frei wird.) Danach wäre natürlich mies. Wie soll ich es ins andere Gebäude schaffen, wenn ich dann schon mit meiner bloßen Existenz überfordert bin?

13.12 Uhr: Eine gute Nachricht gibt es allerdings auch: Sollte mir meine Gesundheit nicht übelst in die Quere kommen, darf ich morgen erstmal nach Hause!

13.49 Uhr: Okay, so langsam sollte man mal anfangen, von einem Skandal zu sprechen... Ich soll jetzt gleich bereits mein Bett freigeben, obwohl das Bett auf der anderen Station noch nicht zur Verfügung steht. Das bedeutet für mich, dass ich mich, während die Chemo läuft (sie wurde gerade eben angehängt) in die Kaffeeküche setzen darf. Danach geht es erst ins neue Zimmer. Das Drama nimmt eine unerwartete Wendung zu Realsatire.

17.50 Uhr: Okay, der Umzug ist geglückt. Ich bin auch nur ein ganz kleines bisschen traumatisiert. Auch dank guter Freunde, die gerade bei mir sind. (In Wirklichkeit bin ich auch schon ein Momentchen länger hier, die drei halten mich bloß vom Schreiben ab).

20.20 Uhr: Nun gut, das war ja mal überhaupt nichts. Und wer ist schuld? Das Gesundheitssystem! Man hat mich aus meinem schönen Zimmer vertrieben und jetzt bin ich hier, in einem ekelhaften Betonklotz, bei einem siechenden alten Mann. Ein sogenanntes Original. Ich hasse Originale. Jetzt haben mich also der Umzug, der Besuch meiner Freunde und vor allem dieser röchelnde Typ davon abgehalten, euch die ultimative Chemo Experience zu vermitteln. Dabei ist läuft der Mist immer noch... Aber bei mir läuft nach all dem absolut gar nichts mehr. Willbloßschlafngutenacht.

Sonntag, 30. September 2007

Back on track

18.06 Uhr: So, da bin ich wieder. Womit ich sagen will: ich bin wieder voll da. Das merkwürdige am Leiden ist ja, dass man sich dabei immer so fühlt, als ob dieser Zustand schon ewig andaure und nun auch nie wieder verschwinden wird. Darauf falle zumindest ich immer wieder herein.

Worum es aber eigentlich gehen soll, bin ausnahmsweise mal nicht ich, sondern ihr da draußen. Hach, ich spüre es schon, wie ich ungelenk werde, wie sich die Worte verkeilen, aber: Vielen Dank. Sowohl fürs Lesen, als auch fürs Feedbackgeben. Ich habe nun das Gefühl, das viele unsichtbare Augen wohlmeinend auf mir ruhen und ich spüre all die gedrückten Daumen. So ganz allein bin ich nicht mit dieser Scheiße und das ist ein Gefühl, das in Worte zu fassen mich gerade überfordert. Leider fehlen mir (Internet-)Zeit und Muße auf jeden Kommentar bzw. Eintrag im einzelnen einzugehen, aber das werde ich nachholen, sobald ich wieder zu Hause bin.

So, jetzt aber mal genug der Rührseligkeiten! Ich habe einen Ruf zu verlieren, verdammt!

Bis später.

[Songtitel Ihrer Wahl einsetzen]

15.03 Uhr: Eine welke Hand reckt sich zur Tastatur. Die welke Hand schreibt:

Mein Magen tut so übel weh,

ich glaub, dass ich gleich kübeln geh'.

Weltgeschichte schreitet durch den Raum.

Sunday, bloody sunday

"...tired of being tired..."
(Manic Street Preachers)

10.17 Uhr: Chemo, Tag 4. Ich weiß ja, das dies hier alles zu meinem Besten ist. Trotzdem komme ich mir vor, als sei ich Teil eines fürchterlichen, perversen Experiments. Allein die Schläuche an meinem Hals, die ständig fließenden, teilweise kryptisch betitelten Flüssigkeiten, lassen ganz unangenehme Erinnerungen an alte Frankensteinfilme aufkommen. Ich frage es laut und mit zitternder Stimme: hat der Mensch das Recht, so in den Lauf der Natur einzugreifen...?! Mein Geist wehrt sich sehr dagegen, dies hier als Heilkunst anzusehen. Eher ist das ganze eine...

10.30 Uhr: ...riesige Sauerei, wollte ich schreiben, aber dann kam der diensthabende Arzt, um den ersten Chemobeutel für heute anzuhängen. Niedergeschlagen habe ich ihn nicht. Ich glaube, ich habe mich sogar bedankt.

Samstag, 29. September 2007

Signs

"Hinein in einen Wald aus Zeichen..."
(Tocotronic)

19.37 Uhr: Müdigkeit ist gar kein Ausdruck.Mein Gehirn ist schlaff, meine Gedanken läppisch, meine Seele abgegrast. Aber ich bin hier und ich sende Zeichen. Zeichen, dass ich immerhin am Leben bin. Mir ist übrigens durchaus nicht entgangen, dass auch einige Menschen mein Blog aufgesucht haben, die keine Ahnung von diesem Wirrkkopf haben, der seine Nachrichten in den Cyberspace schickt. Ich muss wohl ein paar Infos nachreichen.

Wie? Ach was, jetzt doch nicht! Wollt ihr mich umbringen?!

On repeat

16.38 Uhr: Wie schaffe ich es bloß, die Eintönigkeit des Klinikalltags zu beschreiben? Wie schaffe ich es bloß, die Eintönigkeit des Klinikalltags zu beschreiben? Wie schaffe ich es bloß, die Eintönigkeit des Klinikalltags zu beschreiben? Wie schaffe ich es bloß, die Eintönigkeit des Klinikalltags zu beschreiben? Wie schaffe ich es bloß, die Eintönigkeit des Klinikalltags zu beschreiben? Wie schaffe ich es bloß, die Eintönigkeit des Klinikalltags zu beschreiben? Wie schaffe ich es bloß, die Eintönigkeit des Klinikalltags zu beschreiben? Wie schaffe ich es bloß, die Eintönigkeit des Klinikalltags zu beschreiben? Wie schaffe ich es bloß, die Eintönigkeit des Klinikalltags zu beschreiben? Wie schaffe ich es bloß, die Eintönigkeit des Klinikalltags zu beschreiben? Wie schaffe ich es bloß, die Eintönigkeit des Klinikalltags zu beschreiben? Wie schaffe ich es bloß, die Eintönigkeit des Klinikalltags zu beschreiben? Wie schaffe ich es bloß, die Eintönigkeit des Klinikalltags zu beschreiben? Wie schaffe ich es bloß, die Eintönigkeit des Klinikalltags zu beschreiben? Wie schaffe ich es bloß, die Eintönigkeit des Klinikalltags zu beschreiben? Wie schaffe ich es bloß, die Eintönigkeit des Klinikalltags zu beschreiben?

Freitag, 28. September 2007

Hello again

22.33 Uhr: Mein alter -hicks- Freund, der Chemoschluckauf ist -hicks- wieder da. Das ist eine -hicks- tatsächlich häufiger auftretende Nebenwirkung -hicks- die von den meisten Außen-hicks-stehenden als Kuriosum belächelt wird. Wenn die -hicks- wüßten wie sehr das nervt. Da gehe -hicks- ich fast schon lieber kotzen.

Broken thoughts

"Es liegt ein Grauschleier über der Stadt,
den meine Mutter noch nicht weggewaschen hat."
(Fehlfarben)

19.50 Uhr: Scheint so, als wäre ich nun vollständig in der Chemo angekommen. Das bedeutet, dass ich nicht nur Chemo kriege, sondern mich auch nach Chemo fühle. Damit meine ich keine Übelkeit, von der bin ich bislang verschont geblieben. Es ist bloß so, dass nun auch meine Emotionen durchseucht sind von diesem Gift. Gesunden Menschen dies zu beschreiben ist nicht leicht. Man könnte es als eine feindliche Übernahme der eigenen Seele bezeichnen, auch wenn das verschwurbelt klingt. Ich gehöre mir einfach nicht mehr so selbst, wie ich es gerne hätte. Dies ist ein Aspekt, der in der Chemotherapie so fundamental wie unterschätzt ist und der außerdem einmal mehr zeigt, wie unsinnig die Trennung von Physis und Psyche eigentlich ist. Verstärkend kommt noch die Erfahrung hinzu, an einen so riesigen Betrieb wie diese Klinik gekettet zu sein. Das eigene Ich scheint sich in diesem System aufzulösen.

Außerdem wird mir jetzt auch klar, welches Risiko ich hiermit, mit diesem Blog eingehe. Wie hardcore das ganze ist. Ich hätte schon gerne meine Selbstdarstellung, die natürlich auch etwas mit Inszenierung zu tun hat, vollständig in meiner eigenen Hand. Das kann ich jetzt nicht mehr garantieren. Ich merke, wie dünn die Grenze zu einem verbalen Amoklauf ist. Und doch schreibe ich weiter. Es wird sicher von euch unterschätzt, wie wichtig und lebenserhaltend dies hier für mich ist.

Ich möchte dann auch mit einer positiven Neuigkeit schließen: mein neuer Nachbar ist wirklich sehr nett. Ein Intellektueller. Eine Wohltat für mein Hirn. Stoßen wir also auf ihn an! Für mich aber bitte etwas Alkoholfreies.

Hospital food

"Das hört sich schlimm an, ist es aber nicht ganz,
denn zum Glück gibt es die räumliche Distanz."
(Funny van Dannen)

12.25 Uhr
Frage: Was hilft Drogenbossen dabei, ohne größere Gewissenbisse ihrer Arbeit nachzugehen?
Antwort: Die räumliche Distanz! Sie müssen nicht sehen, wie der Endverbraucher verelendet und verreckt.

F: Was hilft Waffenhändlern dabei, auch weiterhin mit Waffen zu handeln?
A: Wieder die räumliche Distanz. Sie werden es nicht mitkriegen, wie der Endverbraucher seine Feinde in Fetzen fliegen lässt.

F: Und was hilft den Krankenhausköchen, weiter ihrem schändlichen Tun nachzugehen?
A: Richtig! Die räumliche Distanz natürlich. Denn sie sind nicht dabei, wenn die Mahlzeiten gleich reihenweise wieder aus den geschundenen Leibern hinausgewürgt werden.

Ich hätte gute Lust, mal eben loszugehen und denen direkt vor die Türe, ach was - gleich in die Töpfe zu kotzen. Auf dass dieses Problem endlich gelöst ist. Für etwas weniger Schmerz in dieser Welt (c)!

Viva Hate

"Backpfeifengesicht,
ich hab' ja wirklich schon sehr viel Elend gesehen.
Backpfeifengesicht,
aber sowas wie Dich, nee da kommen mir die Tränen.

Guck nicht schräg! Schleich Dich weg! Mach hin!
Mir wird schlecht. Ich glaub ich muß gleich brechen gehen."
(Die Ärzte)

11.20 Uhr: Hosiannah! Mein Zimmernachbar ist weg. Was hat mich dieser Typ mit seiner Anwesenheit gequält. Mit seinem unsäglichen Geseiere über sein Leben, seinen Beruf und andere Nichtigkeiten. Und er gab keine Ruhe! Weder ließ er mich fernsehen, noch Musik hören, noch in Ruhe meine Einträge machen. Alles an ihm schrie: Schenk! Mir! Beachtung! Dabei hatte ich spätestens seit der Aussage "Wie? Du interessierst dich nicht für Fußball und für Motorsport?! Du bist doch nicht normal!" mehr Lust darauf, mir Nadeln in die Gehörgänge zu stechen, als diesem Idioten weiter zuzuhören.

Kann man den Krebs besiegt haben und trotzdem ein Versager sein? Es scheint so.

Heart of gold

9.50 Uhr: "Alles in Ordnung", sagte die Schwester, als sie mir den Befund der Echokardiographie in die Hand drückte. "Super Herz!" Sie reckte mir den erhobenen Daumen entgegen. Irgendwie rührten mich dieser Ausspruch und diese Geste, da ich mir für einen Moment den Gedanken gestattete, dass sie nicht nur mein physisches Herz gemeint hatte.

Donnerstag, 27. September 2007

Der Tunnel am Ende des Lichts

"Schubs mich nicht, weil ich am Abgrund stehe.
Ich frühstücke in der Apotheke."
(K.I.Z.)

21.15 Uhr: Menno! Ich hatte so einen schönen Depri-Text in der Hinterhand. Vor ein paar Stunden noch war meine Laune tief im Keller. In einem sehr dunklen, sehr staubigen Keller. Der Tod strich mir über die Wange, ich hörte das Blut in den Adern gluckern. Und jetzt? Bin ich bestens gelaunt. So gut sogar, dass jeder, der mich so sähe, annehmen müsste, ich spiele ihm was vor. Ich kann es selbst kaum fassen. Meine gute Laune kotzt mich an, ist doch jetzt mein trauriger Text passé... Nur noch der Titel ist übrig. Der ergibt doch jetzt gar keinen Sinn mehr!

Der Grund für mein Tief war übrigens die Nachricht, dass 1. die Hochdosis-Chemo früher losgeht, als gedacht und 2. ich nach den fünf Tagen, die ich jetzt Chemo kriege, nicht zwangsläufig sofort nach Hause darf. Ferner werde ich gleich drei Zyklen Hochdosis kriegen, was im Klartext bedeutet, dass ich die nächsten Monate fast ausschließlich im Krankenhaus verbringen werde. Mit ungewissem Ausgang. Ein Leben am Abgrund...

Den vorherigen Satz stelle ich mir ungefähr so intoniert vor, als sei für einen Trailer zum nächsten SAT.1-Movie gedacht. Mit übertriebenem Pathos und verlogenem Ernst. Ich bin die Parodie eines Krebskranken.

P.S. Neben all den Kapriolen auch mal eine Info: die Chemo läuft immer noch.

P.P.S. Ich frage mich, ob dieses Blog überhaupt seinen Zweck erfüllt. Fühlen sich meine Liebsten informiert? Oder nur unterhalten (und zwar schlecht)?

ZVK

"'Durchatmen! Denk an was Schönes! '-
'Ich kenn' nix Schönes!'"
(aus "Millionär" von Tommy Jaud)


15 Uhr: die Chemo geht los. Gott sei uns allen gnädig. Vorhin hat man mir einen sogenannten ZVK gelegt und ich kann sagen, dass die Buchstaben K und Z nicht umsonst die vorrangige Stellung in diesem Wort einnehmen...

Aber im Ernst: der zentrale Venenkatheter ist eine Art Schlauch, der weit in die Halsvene eingeführt wird und durch den mir die verschiedenen Flaschen und Beutel zugeführt werden. Die Einführung dieses Schlauchs fühlt sich unsagbar fies an, sieht aber wohl noch um einiges fieser aus. Und: es hört sich grauenvoll an, wenn man davon erzählt bekommt. Die Leute schütteln sich vor Ekel und Phantomschmerz. Das ist das einzige Lustige daran.

Der Arzt sagte mir hinterher, ich sei sehr tapfer gewesen. Einen Lolli habe ich nicht bekommen.

Persona non grata

7 Uhr: wenn der Typ neben mir nächste Nacht wieder so hustet, ersticke ich ihn mit einem Kissen.

Mittwoch, 26. September 2007

Zeittotschläger

"...straight from the harshness of misery..."
(Babyshambles)

21.20 Uhr: Müde bin ich und erschöpft und das Schreiben ist ach so anstrengend auf diesem "Multimedia-Gerät", wie man diese Kombination aus Fernseher, Radio, Telefon und Internet nennt, die jedem Kranken hier netterweise zur Verfügung gestellt wird. Gegen einen kleinen Obolus von täglich 4,40 Euro, wohlgemerkt. Das bloße Berichten über meinen Zustand, oder besser: meine Zustände, wird so schon zu einem Kraftakt. Doch wie soll ich dies auch noch mit Niveau bewerkstelligen? Dabei wollte ich doch mein Leid auf eine höhere Ebene hieven, es zu Literatur gerinnen lassen, weil es so vielleicht weniger schmerzt. Wie soll das erst werden, wenn ich meine "Chemodusche" (O-Ton Michael Lesch) kriege?

Egal. So oder so. Wenn Pete Doherty trotz massiver Drogensucht Alben aufnehmen, wenn ein Mensch ein ganzes Buch mit einem Augenlid diktieren kann, dann kann ich auch meine verdammten Einträge machen.

Obohl: heute könnte ich eigentlich mehr über Düsseldorfs Straßen, als über die Klinik berichten, da ich dort weitaus mehr Zeit verbracht, beziehungsweise tot geschlagen habe. Lieber noch werde ich aber das Deckmäntelchen des Schweigens über diese Avenuen ausbreiten. Meine Gedanken sind schon hässlich genug. Nur soviel: mein Zimmer war ewig nicht bezugsfertig, da dort vorher jemand mit einem , oh Schreck, "multiresistentem Erreger" gelegen hat. Das bedeutete: Grundreinigung für das Zimmer, Langeweile für mich. Ich bin dann ewig gelaufen, um irgendwo was zu essen. Es war ein weiter Weg bis mal in irgendeine Gegend kam, die mich nicht völlig abfuckte. Ach, und ein paar Untersuchungen wurden auch gemacht. Ich bin kerngesund! Bis auf den Krebs.

Jetzt liege ich hier und Kochsalzlösung fließt in mich hinein. Die Niere soll noch einmal richtig durchgespült werde. Ich werde heute wohl noch häufiger die sanitären Anlagen aufsuchen, wo ich dann sicherlich Gehaltvolleres absondere, als in diesem Text. Wäre dieses Blog ein Konzert, dann wäre der Eintrag hier sozusagen Soundcheck. Test Test. Könnt ihr mich hören? Test Test.

Dienstag, 25. September 2007

Chemo Police

"Here comes a delivery,
straight from the heart of my misery."
(Babyshambles)


Als der Sänger Warren Zevon bereits wusste, dass er seinen Krebs nicht überleben würde, sagte er in der David-Letterman-Show, sinngemäß, dass eine schwarze Limousine stets vor der Tür auf ihn warte, um ihn für immer mitzunehmen. Sozusagen die moderne Entsprechung zum mythologischen Charon, der die Toten in den Hades bringt. Er sagte weiterhin, dass er lernen müsse, dies zu lieben. Auf mich wartet diese Limousine noch nicht. Vor meiner Türe steht bloß die Chemo Police. Der Ort, an den sie mich bringen wird, ist alles andere als schön. Aber ich werde von dort wiederkehren.

Merkwürdigerweise bin ich momentan kein bisschen ängstlich; noch nicht einmal unwillig. Eher erfüllt mich ein geradezu schwachsinniges Hochgefühl. Wahrscheinlich kommt es davon, dass endlich wieder Bewegung in meine "Geschichte" kommt. Der Mensch ist ja ein progressives Wesen und tritt nicht gerne auf der Stelle. Nach einer Operation, drei Zyklen Chemo und einer Pause von gefühlten zehn Jahren passiert nun endlich wieder etwas. Nur kann ich mit einiger Sicherheit sagen, dass dieser positive Zustand in den nächsten Tagen in sich zusammenschmelzen wird und ich bald wieder zum Chemo-Psychopathen mutiere. Das werden unterhaltsame Tage für meine Leser. Schreckliche Tage für mich. Doch es ist, wie es ist: ich kann dazu nichts empfinden.